Schwarzfahrer Blog. Berichte und Kommentare eines virtuellen Schwarzfahrers.



Schwarzfahren in Hannover

Ich gebe es ja offen zu, ich habe so einige Vorurteile gegenüber dem Deutschen, aber auch gegenüber dem Österreichischen. Und hier in Hannover bieten sich so einige Gelegenheiten, um einige dieser Vorurteile zu überprüfen.

Ich muss täglich zirka eine halbe bis dreiviertel Stunde mit den öffentlichen Verkehrsmittel zum Büro fahren. Ausreichend Zeit, um die Gepflogenheiten der Deutschen zu studieren. Regel Nummer Eins: Sei pünktlich und sportlich. Wenn auf einem Busfahrplan dreiviertel Neun steht, dann meinen die Deutschen das auch so. Der Bus kommt um Punkt 8:45. Oder sogar um 8:44.

In Wien ist das undenkbar. Wenn in Wien also dreiviertel Neun auf dem Plan steht, dann heißt das übersetzt: Der Bus fährt heute, möglicherweise kommt er noch vor Neun.

Die Busse der „üstra“ (http://www.uestra.de/) – so heißt hier das städtische Verkehrsunternehmen – sind fast alle behindertengerecht eingerichtet. Aber derjenige, der auf die Idee gekommen ist, die Sitze seitlich zur Fahrtrichtung einzubauen, ja der war sicher ein Genie, das nicht genug gewürdigt werden kann. Wem also bezahlt schlecht werden möchte, möge sich in einen solchen seitlichen Sitz setzen und ein bisschen Bus fahren. Es gibt in einigen Wagen sogar mehr Sitze, die seitlich oder entgegen der Fahrtrichtung eingebaut sind, als solche in Fahrtrichtung. Ein Ticket in eine Richtung, eine Zone, kostet in Hannover € 2,-. In Wien muss man im Bus € 2,20 (http://www.wienerlinien.at) dafür ausgeben, im Vorverkauf kostet das Ticket € 1,70.

Eine weitere Eigenheit hier in Hannover ist, dass die Busse nicht zwingend bei jeder Haltestelle stehen bleiben. Kombiniert mit der Wiener Erfahrung kann das den Adrenalin Spiegel eines ortsunkundingen Österreichers ganz schön erhöhen. In Wien bleibt zwar (meistens) der Bus bei jeder Haltestelle stehen, dafür stimmen aber die Lautsprecher Durchsagen nicht, die bekannt geben, bei welcher Haltestelle man gerade ist. Oft sind die Durchsagen zwei bis drei Stationen „hinten nach“. Man erfährt also gerade, dass man vor drei Stationen hätte aussteigen sollen. Der Wiener Bus bleibt daher nur deswegen bei einer Haltestelle stehen, damit der Fahrgast die Chance hat, den Stationsnamen draußen zu sehen, damit er entscheiden kann, ob er am Ziel angekommen ist.

Wenn man also als gelernter und misstrauischer Wiener in einer fremden Stadt unterwegs ist, braucht man einige Zeit, um wieder Vertrauen zu gewinnen. Wenn man aus dem Lautsprecher „Altwarmbüchen“ hört, dann ist man auch genau da. (Bitte fragen Sie nicht, was ich in Altwarmbüchen mache.)

Weil der Bus nicht in jeder Station stehen bleibt, muss man reaktionsschnell sein. Denn wenn man die Station hört, dann ist man meistens nur noch 30 Meter von ihr entfernt. Aber man braucht zum Glück nicht wie von der Wespe gestochen aufzuspringen und zur Tür zu hechten, denn im Bus ist fast an jedem Sitzplatz ein Stopp-Knopf platziert, der den Fahrer nach Druck halten lässt - vorausgesetzt er funktioniert.

Deutschland ist ja eine große Sportnation, so verwundert es auch kaum, dass die Fahrpläne von durchtrainierten Athleten geschrieben wurden. Ich muss auf dem Weg zur Arbeit zweimal umsteigen. Die Anschlusszüge der U-Bahn erwische ich dann, wenn ich den eilenden Laufschritt anwende. Verpasse ich den ersten Anschlusszug, dann verpasse ich natürlich auch den zweiten, insgesamt verspäte ich mich dann um zirka 20 Minuten.

Unter dem Strich gesehen sind also das Wiener System und das Hannoveraner System gleich gut oder schlecht, ich würde im Schnitt wahrscheinlich gleich schnell am Arbeitsplatz ankommen.

In Wien wurde ich in den vergangenen 14 Jahren insgesamt dreimal in der U-Bahn kontrolliert. Hier in Hannover gleich am ersten Tag dreimal. Zum Glück hatte ich mir aber schon eine Monatskarte besorgt. Denn die Kontrolleure (in Wien „Schwarzkappler“ genannt) sind in Hannover etwas eigen, um es vorsichtig auszudrücken.

Stellen Sie sich einfach eine Horde glatzköpfiger Schlägertypen mit grimmigem Gesicht um die 30 vor, die statt Baseballschläger Kontrolleur-Ausweise haben. Sie sind bestens geübt in allen Nahkampfsportarten und täglich auf der Suche nach dem Schwarzfahrer.

Ich habe hier bewusst die Einzahl geschrieben, weil ich lange Zeit dachte, es gibt in Hannover überhaupt keine. Aber nach rund 100 Kontrollen habe ich einmal erlebt, dass einer erwischt wurde. Zuerst haben sie ihn angeschrien, dann zu Boden geworfen, dann sind sie auf ihm herumgesprungen. Bei der nächsten Station haben sie ihn bei den Haaren gepackt und hinaus gezerrt. Dann haben sie ihn in den öffentlichen Zwinger für Schwarzfahrer gesperrt und zum Schluss musste er noch 40 Euro zahlen. Armes Schwein.

Kommentare (24)

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Hannover Schläger Kontrollen

Von Nubsi am 14.08.2011 14:00

Ich habe ich Hannover auch schonmal ein 40€ Ticket erhalten. Obwohl ich einen gültigen Ausweiß hatte. Der Kontrolleur meinte das dieser nicht gültig sei! Nach einem Anruf bei dem Presse Verteter der Üstra Herrn Iwa..., bekamm ich ein Entschuldigungsschreiben mit einem Konzert Ticket zugesendet! Die Leute haben mit Sicherheit Ihre Quoten zu erfüllen, und rippen alle ab die sie in die Finger bekommen! Leider ist das so in annover...!

Berlin faehrt frei

Von Colorierter Fahrer am 22.01.2011 15:15

Hallo leute,

Ich musste leider die kommentare der hobbyoeler lesen und deshalb hier auch ein hinweis auf die gegenseite.
Www.berlin-faehrt-frei.de
Dort stehen alle moeglichen texte zum thema.

Schwarze Gruesse aus Berlin

Da las ich doch auch mal deinen Blog

Von Julia am 19.08.2010 19:38

Der letzte Absatz und das letzte Foto ist das beste des ganzen Artikels big-smile

Übrigens habe ich mich gerade bei einen deiner Button fragen müssen ob ich blöd bin. Heißt es nicht "das Kommentar"?

Hannover und Schwarzfahren 2010

Von Karpfenstein Leo am 07.02.2010 14:36

Soo, hallo, nun mal zurück zum Thema:

Grundsätzlich finde ich Fahrkartenkontrollen gut, denn man fährt ja auch nicht Taxi, ohne zu bezahlen, Strom kommt auch nicht gratis aus der Dose und der Autotank füllt sich auch nicht von allein. Dienstleistungen kosten Geld, angefangen von der WC Frau bis hin zum Kinosessel. Die meisten Kontrolleure, die ich getroffen habe, waren nett und haben auch noch vieles erklärt und Hinweise gegeben.
Ich wurde früher auch mal erwischt. Da ich jeden Tag mit den Öffis unterwegs bin, erlebe ich öfter Kontrollen. Ich habe noch nie gesehen, dass ein Kontrolleur von sich aus einen Fahrgast angegriffen hat. Kontrolleure werden beschimpft, beleidigt und haben keinen leichten Stand. Das einzige Mal, dass ein Fahrgast vor meinen Augen zu Boden gerissen wurde, lag daran, dass er den Prüfer mit einem Messer bedrohte.

Das Problem ist meiner Meinung nach ein kleiner Teil der Gesellschaft, der sich einbildet, sich an keine Regeln halten zu müssen.

Die Welt um sie herum ist ihnen egal und sie fühlen sich ständig von allem und jedem provoziert (was guckst du) Faul, mit bösem Blick wird an den U-Bahnstationen herumgelungert und aus Langerweile entsteht Unsinn und Sachbeschädigung. Dass man zum Fahren eine gültige Fahrkarte braucht, ist kein Geheimnis, und nicht nur in Hannover so. Als Ortsfremder wäre natürlich seitens des Verkehrsunternehmens Kulanz angebracht, was aber nicht heißt, dass jeder Urlauber einen Freifahrtsschein bekommt. Aus Urlauber sollte man sich informieren, das mache ich auch, wenn ich in eine andere Stadt fahre (wie neulich Berlin)

Das beste Beispiel waren die neuen Automaten. Aufgrund anfänglicher Fehler konnte man zum Bahn oder Busfahrer gehen und Bescheid sagen, und dann "so" mitfahren. Das führte dazu, dass es Leute gibt (auch noch heute). die hinter dem Automaten entlanggehen, einsteigen und sofort behaupten, der Automat würde nicht gehen. Kulanz wird sofort ausgenutzt und die Ehrlichkeit unterliegt.
Ich arbeite im Gesundheitswesen ,zahle monatlich Geld für meine Monatskarte und finde es in Ordnung. Keiner will in einem alten Bus fahren, jeder will sitzen, keiner will frieren, schnell und einfach soll es gehen. Straßenbahnen kosten Geld, Strom, Warung und Personalkosten. Man sieht, wie viel hinter so einer Firma steht, wenn man auf die Internetseite der Üstra geht. Busse kosten Gas oder Diesel. Haltestellen müssen gewartet werden, Sachbeschädigung repariert und Reparaturen durchgeführt werden.

Zeigt mal Zivilcourage und verhindert Sachbeschädigung und Verunreinigung. Sprecht mal Jugendliche an, die auf Sitze schmieren und Scheiben zerkratzen. Fast keiner traut sich. Meckern und mit Scheuklappen durch die Welt laufen ist halt einfacher. Fasst euch an die eigene Nase und macht es besser.

Wer kein Geld hat, soll halt Fahrrad fahren oder zu Fuß gehen. (Oder ein bezahlbares Sozialsystem erfinden, wo der öffentliche Personennahverkehr für alle gratis fährt.)


Daher lehne ich mich entspannt zurück, freue mich auf die nächste Kontrolle, da 90 % der Leute, die geschnappt werden,zurecht bezahlen.Sie riskieren es bewusst ,wie die eine Person hier im Blog, die schreibt, dass sie das als Hobby betreibt.

Zum Thema Kulanz:
Ich hatte damals meine Monatskarte vergessen, zeigte sie nachträglich bei der ÜStra vor, und zahlte nur 7 euro Bearbeitung.

Fazit: Es geht nicht ohne Regeln, man nimmt ja auch seinen Hausschlüssel mit, und wer das nicht akzeptiert, zahlt völlig zurecht !

PS: In der Zeitung stand, dass die Zahl der Schwarzfahrer abnimmt, also machen Kontrollen durchaus Sinn....

Nachdenken hilft und Antworten sind erwünscht.

Aus der Satire wurde Realität

Von Georg Franz am 21.01.2010 13:33

Oje, meine Satire wurde Realität. Hannoveraner Kontrolleuere werden beschuldigt, einen Schwarzfahrer verprügelt zu haben:
http://www.haz.de/Hannover/Aus-de...fahrer-in-Hannover-verpruegelt-haben

lg,
Georg.

scheiss system wie ich finde

Von autor am 02.08.2009 11:15

bin früher viel schwarzgefahren ...ging auch meistens gut...aber so seit anfang 2009 sind die kontrollen echt exorbitant angestiegen, wurde jetz schon öfters erwischt und ich höre nun auf mit schwarzfahren... toller lernerfolg könnte mann jetz denken, aber ich fahre kaum noch bahn weil die preise viel zu hoch sind (1 zone = 2.00 €)


also wenn man nen tag lang unterwegs ist kommen da schnell mal 6 € zusammen... und monatskarten sind ja unbezahlbar !!!

also finde die sollten angenehme preise machen, dann könnten sie die kontroleure sparen weil jeder gern bezahlt.
Aber leider rechnet es sich mit schwarzfahrer ja auch ganz gut... scheiss system wie ich finde!!!

Ãœstra

Von Simon am 18.04.2009 16:46

Sehr schöner Text, sehr amüsant geschrieben.
Als Hannoveraner kann ich die Aussagen in Bezug auf Aussehen der Kontrolleure nur bestätigen.
Auch die Anzahl der Kontrollen.
Das Schwarzfahren hatte vor einigen Jahren in Hannover so überhand genommen (geschätzt jeder 3. fuhr schwarz), dass die üstra reagiert hat und viele neue Kontrolleure eingestellt hat.
Ein Einstellungskriterium schien auf jeden Fall das mehr oder weniger einheitliche Aussehen zu sein, inklusive Kleidung blunk

ähm warum nicht

Von Autorin am 05.02.2009 23:55

ja wie bin ich nur auf die Seite hier gekommen?
how ever... man kann sich scheinbar über wirklich ALLES das Maul zerreißen, mkaay...
ähm ich fahr schon oft schwarz. warum? weil ich es kann! Zonenüberschreitung ist mein Hobby! und wenn man in circa 10 Jahren nur einmal erwischt wird, lohnt sich die Sache immernoch. Ich finde nämlich montalich ca. 60 Euro für die Drecksäcke is genuch. warum schreibe ich das jetzt um 23:53Uhr? wen tangiert das überhaupt? hm.

guts Nächtle!

Automaten

Von Pushel am 13.05.2008 17:54

Gibt es in Hannover keine Automaten IN den Zügen/Bahnen/Bussen?
Also bei uns in Kassel sind diese Dinger in jeder Bahn drinne und im Bus muss mal halt den Fahrer für stören beim Einstieg.
Aber diese Automaten sind recht eigen. Wenn ihnen der Schein oder die Münze nicht gefällt, bekommt man auch keinen Schein, aber das Geld immer wieder.
Aber am besten sind die Automaten, die abstürzen, wenn man gerade mal es geschafft hat und endlich das Ticket gefunden hat, was man nun braucht. Aber nicht, das man dies dann wiederholen kann. Nein. Dann stürzen meistens in der ganzen Bahn die Automaten aus und dann war es das mit dem Zahlen bzw. Schein. Und das den Kontrolleuren zu erklären...am besten ist es, wenn man ein Foto von macht mit Uhrzeit, da sie es einem doch nicht glauben wollen. 15€ Bearbeitungsgebühr zahlt man oft dann trotzdem. (Ignoranten) blunk

üstra verkehrsbetriebe

Von icke am 12.05.2008 23:09

es gab da mal in den 70ern (glaub ich) nen slogan: üstra, üstra, ungeheuer - erstens scheisse, zweitens teuer! mich als hannoveranerin nerven weder die schwarzfahrer, noch die kontrolleure, sondern die dapperten automaten. wenn du einen brauchst, weil alle kioske geschlossen haben, ist er sicher hinüber! grrr...

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